Nightshift 2 – Welche Farbe hat die Nacht

„Das von der Regierung festgelegte Kriterium zur Bestimmung der Farbe unseres Lebens sind 50 Fälle pro 100.000 Menschen pro Woche. Statistisch gesehen ist dies eine extrem niedrige Risikorate von 0,5 Promille. Wie ist es möglich, dass Menschen für ein Risiko, das selbst auf das ganze Jahr hochgerechnet gering bleibt, bereit sind, nicht nur ihre Freiheit aufzugeben, sondern auch alles, was das Leben lebenswert macht: den Kontakt zu anderen Menschen, den Blick in ihre Gesichter, die Erinnerung und die gemeinsam gefeierten Feste? Herr Wärter, welche Farbe hat die Nacht?“

Giorgio Agamben 25. Januar 2021

Nach Tunesien nun die Niederlande, kaum sind die Riots der abgehängte Jugendlichen dort beendet, steht das Rathaus von Tripoli in Flammen. Im Wochentakt fegen die Aufstände durch die brave new world des Pandemie Ausnahmezustand. Man sucht nach Erklärungen. Wenn überhaupt. Rassismus, Polizeigewalt, soziale Missstände, Armut, Hunger… Dabei wäre doch die einzige eigentlich wirklich zu stellende Frage nur, warum nach fast einem Jahr Ausnahmezustand in weiten Teilen der Welt eben jene nicht endgültig komplett in Flammen steht? Warum immer noch so viele den Anordnungen des Empires Folge leisten, wenn auch etliche immer widerwilliger… Die Korruption und Unfähigkeit der politischen Klasse des Libanon ist so offensichtlich, dass selbst die westlichen Medien voller Verständnis für die gewaltsame Revolte der Geknechteten und Unterdrückten sind. Der Rauchpilz der Explosion im Hafen von Beirut, der so fatal an die atomare Apokalypse erinnerte, hat sich in die historische Netzhaut der Menschheitsgeschichte gebrannt.  „Nightshift 2 – Welche Farbe hat die Nacht“ weiterlesen

Endgames (2)

Did they get you to trade

Your heroes for ghosts?

Hot ashes for trees?

Hot air for a cool breeze?

Cold comfort for change?

Did you exchange

A walk on part in the war

For a lead role in a cage?

Die wesentliche Frage dieser Epoche ist nicht mehr, was in der Realität passiert, sondern wer die Macht hat, zu entscheiden, welche Erzählungen über die Realitäten dominieren und in welcher Form darüber kommuniziert wird. Insofern ist es wichtig zu begreifen, dass wir seit einem Jahr Zeitzeugen eines äußerst gelungenen Coup d’État sind. 

Wenn jegliche Manifestierung gelebten Lebens, also menschliche Kontakte, körperliche Nähe, gefeierte Feste, la dolce vita… unter Generalverdacht stehen, wenn Depressionen, Suizide, kindliche Verhaltensstörungen, Einsamkeit, Verzweiflung, Essstörungen, Suchtverhalten, Armut… uniso im allgemeinen Sprachgebrauch, selbst unter den kritischen Stimmen zum derzeitigen Ausnahmezustand, als “Kollateralschäden” bezeichnet werden (über die man reden und die man abwägen müsse), zeigt sich wie sehr das Narrativ, “wir befinden uns im Krieg gegen das Virus” bereits allgemein verinnerlicht wurde. Wobei dabei sowohl “der Krieg” als auch das “Wir” Ausdruck des geglückten Coup d’ Ètat sind.  „Endgames (2)“ weiterlesen