In den Nebel

Es wird Zeit Abschied zu nehmen. So wie einst der Sub verschwand, weil er nur eine Figur war, um etwas Ungehörten Gehör zu verschaffen, so wird es Zeit die Figur des Sebastian Lotzer verschwinden zu lassen. Ursprünglich erschaffen, um das was einst “die Bewegung” war, nicht in dem historischen Gedächtnis der Menschen vergessen zu werden lassen, aufzuschreiben und zu bezeugen, wie viel Aufbruch, Hoffnung, Liebe und Unversöhnlichkeit mit diesem System, das unser aller Todfeind ist, es einst gegeben hat. Aus diesem Bedürfnis, das ein dringendes Anliegen des Herzens war, entstand das Buch “Begrabt mein Herz am Heinrichplatz”, dass zur Überraschung des Niederschreibenden auf viel Resonanz stieß und von dem heute noch das eine oder andere Exemplar den Weg in die Hände eines hoffentlich geneigten Lesers oder Leser*innen findet.  „In den Nebel“ weiterlesen

Endgames (5)

Ausgestorbene Straßen, ein paar Schatten, die um die Ecke huschen. Kreisten im Frühjahr 2020 die Bullen noch im Minutentakt durch Kreuzberg um die erlassenen “Kontaktbeschränkungen” zu kontrollieren, reichen jetzt 2 kleine Checkpoints am Kotti und in der Wiener um die verfügte Ausgangssperre zu überwachen. Ein Jahr Konditionierung hat die alten Tugenden des deutschen Untertans wieder an die kollektive Bewusstseinsoberfläche gespült, geschichtsvergessen schwenkt die Linke die weiße Fahne im Wind, während der Rechtsnachfolgestaat des Deutschen Reiches kollektive Einschließungsmaßnahmen exekutiert. 

Irgendwo demonstrieren ein paar Leute von ‘Ums Ganze’, von denen man seit einem Jahr nichts mehr gehört hat und die in ihrem einzigen grundsätzlichen Beitrag zum Pandemie Ausnahmezustand vor allem neben den üblichen Textbausteinen mit jenem zwanghaften Humorgerede vom “Beatmungsweltmeister Deutschland” auffielen, gemeinsam mit den misanthropischen ZeroCovid Freaks “gegen Ausgangssperren” und für einen “solidarischen Lockdown”, was ja an und für sich schon ein Widerspruch in sich ist.  „Endgames (5)“ weiterlesen

„Ich hab so Heimweh nach dem Kurfürstendamm“

Wenigstens keine neue “Offensive”, kein “Unregierbar”, keine vollmundig verbalradikalen Ankündigungen, stattdessen nun also bunt und divers, der 1. Mai in Berlin soll “familienfreundlich” werden, das Schweinesystem hat versagt, weil es keinen “echten Lockdown” gestemmt bekommen hat, bald kommt die revolutionäre Ausgangssperre. Gruppierungen, die sich nicht zu schade waren, mit Grünen, Linke und SPD Menschenketten zu bilden, verkünden nun mit stolzgeschwellter Brust die Übernahme des Frontblocks. Der 1. Mai in seiner Essenz: Einmal im Jahr die eigene gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit vergessen machen, eine Demo mit 10.000 Menschen anführen. Selber unfähig Geschichte zu schreiben, bietet das Event 1. Mai seit vielen Jahren Gelegenheit sich im historischen Kontext herausputzen zu können. Eitle Selbstgefälligkeit, der die dumpfe Masse, die hinterher latscht, völlig egal ist, so wie der dumpfen Masse selber, die mit dem Wegebier in der Hand irgendwelchen roten oder was auch immer für Fahnen hinterher latscht, eigentlich auch die genauen Bestimmungen des Ganzen ziemlich egal sind. Mensch könnte am 1. Mai auch für niedrige Bierpreise oder kostenlose Bartrasuren demonstrieren, es kämen trotzdem jene 10.000 die Teil des fifteen-minutes-fame framing sein wollen.

Das zweite Jahr in Folge Corona bedingt kein Ballermann Fest zwischen Oranienplatz und Schlesisches Tor. Das war es schon mit den guten Nachrichten. Waren es im letzten Jahr nur 2000, 3000 Leute, die trotz Pandemie nach Kreuzberg zum 1. Mai kamen, wussten die offensichtlich wenigstens zum großen Teil, warum sie da waren. Keine pseudoradikale Runde mit Hassi unangemeldet durchs Myfest, wobei eh immer die Hälfte inmitten des Ballermannpublikums verloren ging. Kein überdimensionierter Truck, der in ohrenbetäubender Lautstärke die immer gleichen Phrasen und Parolen unters Volk brachte. Kein pseudomilitanter Frontblock, der Jahr für Jahr Prügel bezog, wenn die Bullen die Zeit für gekommen hielten. Stattdessen zog mensch 2020 kreuz und quer durch Kreuzberg, die Bullen kamen das erste Mal seit Jahren ins Schwitzen und es brauchte keine grossen militanten Auseinandersetzungen, um das Gefühl zu bekommen, heute sei es am 1. Mai mal wirklich um etwas gegangen und an diesem Abend fand dann auch das Lächeln zurück auf den Heinrichplatz. Aber was zählt schon ein Lächeln im Geschacher der Bündnisse und Politgruppen um die Zielgruppe. „„Ich hab so Heimweh nach dem Kurfürstendamm““ weiterlesen

Endgames (4)

Während Merkel bei der Anne Will Audienz von “notwendigen” Ausgangssperren spricht, um sich dann sofort zu verbessern, “Ausgangsbeschränkungen”, der soziale Krieg kommt maskiert daher, titelt die taz, die ja mal als Reaktion auf die Totalität des Staates im “deutschen Herbst”, also als Reaktion auf die Konfrontation zwischen Stadtguerilla und der BRD ‘77, den Toten von Stammheim, gegründet wurde, in ihrem Hamburger Lokalteil gewollt bagatellisierend: “Pyjamapartys verboten”. Und während in Hamburg noch ZeroCovid gegen sich selbst demonstriert, ist der ehemalige Bundesinnenminister de Maizière schon weiter, er verlangt eine Änderung des Grundgesetzes, um in “zukünftigen Krisen” “ schnell “reagieren zu können”. In “solchen Krisen” soll dann ein “Krisenstab” mit “neuen Durchgriffsrechten” und “Weisungsrechten gegenüber den (Bundes)Ländern” eingesetzt werden. Auch die Armee soll als erweiterte Polizei unter deren Kommando z.B. “Gebäude und Gebiete sichern”.  „Endgames (4)“ weiterlesen