Wurmlöcher des Antagonismus (Part II – Subjektivismus und Klasse) 

Sommer 2023, die Unruhen, die begannen, nachdem ein Bulle den 17jährigen Nahel Merzouk am hellichten Tage mit Schüssen aus seiner Dienstwaffe in einem Vorort von Paris exekutiert hatte, enden wie auf ein geheimes Zeichen hin genauso plötzlich, wie sie landesweit aufgeflammt waren. Der französische Arbeitgeberverband bilanziert Sachschäden in Milliardenhöhe, dutzende Polizeiwachen sind in Brand gesetzt worden, hunderte Schusswaffen aus Waffengeschäften, aber auch aus Beständen der Polizei, haben im Zuge der Unruhen die Besitzer gewechselt. Nach den Gründen für das Ende der Unruhen befragt, äußern einige Protagonisten des Geschehens gleichlautend “weil es nichts mehr zu plündern gab”. Was auf den ersten Blick als flapsige Bemerkung daher kommen mag, ist in Wirklichkeit die brillante Analyse der Partei, die von ihrem historischen Entstehen noch keine Vorstellung hat. 

Der Sommer 2023 markiert den Höhe – und Endpunkt der weltweiten Revolten, Aufstände und unvollendeten Revolutionen, deren Flammen sich in den letzten 15 Jahren durch den Globus gefressen haben, entfacht in den Slums und ländlichen Nirwanas des Maghreb. Sich jeglicher Repräsentanz verweigernd, in der Programmatik schlicht und einfach auf den Umsturz “des Regimes” (gleich welcher Spielart) abgestellt, sich selber sammelnd um zentrale Begriffe wie Würde und Freiheit, rasend vor Wut (die Klasse, die sich ihrer selbst bewusst, aber keine Imagination ihrer Überwindung hat), wüten sich die Unruhen auch durch die Jahre des weltweiten Corona Ausnahmezustandes (der intuitive Begriff der Klasse davon, dass es sich um einen Angriff auf sie selbst handelt, in keiner Sekunde dem Gerede von der Fürsorge des Staates glaubend – was sie endgültig von jeglicher Verbundenheit mit der Linken befreit), nehmen in jener Zeit sogar an Fahrt auf, bringen das totalitäre Zero Covid Konzept der staatskapitalistischen chinesischen Führung nach über 2 Jahren Terror innerhalb von 48 Stunden durch sich explosiv ausbreitende Unruhen zu Fall, ein letztes Mal als historische Reminiszenz stürmen Hunderttausende im Juli 2022 den ”Winterpalais” von Colombo. 

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Wurmlöcher des Antagonismus (Part I – Polykrise und Hybris)

Trump geht all in, die europäischen Militärhaushalte werden explodieren, der neue Liberalismus, eben noch von Döpfners Schreibstube enthusiastisch abgefeiert, ruft nun besorgte Stimmen auf den Plan, die verzweifelt fragen, wo Europa mit seinen Abermilliarden Euros neue Waffensysteme kaufen soll, da den europäischen Generalstäben bewusst wird, dass praktisch alle modernen Waffensysteme ständige Updates benötigen, die im Zweifelsfall die US amerikanischen Hersteller verweigern könnten, wenn die Divergenzen eine bestimmte Fallhöhe erreichen sollten. Die Franzosen setzen seit Jahrzehnten auf eigenständige Waffenentwicklung – und Produktion, was eben noch als postimperialer Größenwahn einer ehemaligen Weltmacht erschien, die spätestens 39 in die reale Bedeutunglosigkeit gefallen war, ist nun der neue Sound der westeuropäischen Aufrüstung. Die Tendenz zum Krieg hat schon vor Jahren die Agenda des grünen Kapitalismus abgelöst, nur eine blasierte kleinbürgerliche deutsche Blase, von der grünen Partei bis in die sogenannten postautonomen Vorfeldorganisationen hat dies immer noch nicht realisiert. Und nein, die Zeitenwende ist nicht der Ausbruch des Ukraine Krieges, sondern die Perspektivlosigkeit des Kapitalismus in seiner Verwertungskrise, die immer neue Blasen produziert, die alle, latent instabil, jederzeit die gesamte soziale Zusammensetzung in den Metropolen innerhalb von Wochen, vielleicht sogar Tagen, zusammenbrechen lassen können, 2008 war im Vergleich dazu nicht mal eine Vorahnung eines Vorbebens, der Absturz an den Tech Märkten am Tage des Triumphes von DeepSeek kommt einer Simulation der kommenden apokalyptischen Reiter der Märkte wohl eher näher, nicht in den Dimensionen, aber in der Geschwindigkeit und dem unvermittelten Aufprall. Im Grunde spielt es keine Rolle ob Trump die Strafzölle für kanadische oder mexikanische Importe beibehält, reduziert, oder wieder ganz zurücknimmt – ob und wie lange er seinen Hofnarren Musk noch an seiner Tafel Platz nehmen lässt, der es sich in Verkennung der wirklichen Machtverhältnisse schon innerhalb von wenigen Wochen mit der Hälfte der Regierungsmitglieder verscherzt hat (in den Führungsetagen von BlackRock & Co lacht man sich eh scheckig über die neuen libertären Pausenclowns Musk, Milei und Co mit ihren Marsbesiedlungsplänen und Kettensägenmassakern, billiger Unterhaltungstrash der von den wirklichen strategischen Entscheidungen der wirklichen Big Player ablenkt, die die eigentliche Politik, auch von Trump, diktieren und diktieren werden) – die wirklich interessanten Fragen sind die Positionierungen im Kräftemessen zwischen China und den USA, in diesem Kontext kommt auch Russland ins Spiel, und das ist auch eine der möglichen Optionen der USA: Russland wieder in den Kreis der Großmächte aufzunehmen und so den Riss zwischen China und Russland zu verbreitern, eine strategische Triangel ist immer ein schwierig zu bespielendes Feld, politisch, wirtschaftlich und militärisch.  „Wurmlöcher des Antagonismus (Part I – Polykrise und Hybris)“ weiterlesen