Nightshift 1

It will be a long night.

It is good, on the night shift, oooh

You found another home

I know that you’re not alone on the night shift

Vier Abende und Nächte. Verschärfte Ausgangssperre. Zehn Jahre, nachdem Muḥammad al-Būʿazīzī sich und das was die weiße Welt die arabische Welt nennt, in Brand gesetzt hat. Pandemie Ausgangssperre. Niemand hat ihnen das abgekauft. Die Angehörigen Jener, die vor 10 Jahren gefallen sind, haben sich wie jedes Jahr in der Innenstadt von Tunis versammelt, um zu gedenken, um dafür zu sorgen dass die Toten nicht vergessen werden, um an alles zu erinnern, um daran zu erinnern, dass sich nichts geändert hat. Man hat ihnen Pfefferspray in die Gesichter gejagt, so als wenn da eh schon nichts als Tränen wären.

Seit der ersten Nacht der verschärften Ausgangssperre brennen auf den Straßen der Arbeiter*innenviertel Tunesiens wieder die Autoreifen, fliegen Steine… “Das ganze System muss verschwinden … Wir werden auf die Straße zurückkehren und unsere Rechte und unsere Würde zurückgewinnen, die eine korrupte Elite nach der Revolution an sich gerissen hat.“… Eine Stimme von vielen, hier denkt fast jede und jeder so. Regierungsgebäude werden mit Steinen und Brandflaschen bedacht. Die Vororte von Tunis, Kasserine, Gafsa, Sousse, Monastir, die gleichen Namen, die gleichen Orte wie vor zehn Jahren. Nichts hat sich geändert. Alles muss sich ändern. Die Regierung hat die Armee und die Nationalgarde mobilisiert, Radpanzer rollen durch die Straßen, werden von den Dächern aus mit Molotows eingedeckt. Über 700 Jugendliche sind mittlerweile festgenommen worden, vor dem Justizpalast von Tunis stehen ihre Familien und fordern ihre Freilassung. Mittlerweile wachsen die täglichen Demos in der Hauptstadt an, auf der geschichtsträchtigen Avenue Habib Bourguiba sammeln sich die Menschen: “Das Volk will den Sturz des Regimes”. Immer noch. Eine Ansprache des Premierministers im TV: “Die Klagen und Anliegen der Jugend sind berechtigt, wir haben sie vernommen, aber wir werden mit Härte gegen jegliche Gewalt vorgehen.” Es ist, als wenn Ben Ali niemals gestürzt worden wäre.

Das Jahr hat erst begonnen und schon erscheint es, als wenn die Welt nur für ein paar Monate (scheinbar) die Luft angehalten hätte. In Guatemala drängt eine neue Karawane der Hoffnung in Richtung USA, in Indien sind seit Wochen Millionen von Bauern auf den Straßen, in Frankreich fliegen wieder jedes Wochenende die Tränengaskanister durch die Luft. Und dies sind nur Bruchstücke jener Sequenzen, die derzeit die Zuspitzung der sozialen Konfliktualität trotz oder gerade wegen des Corona Ausnahmezustand wieder auf die Tagesordnung setzen. „Nightshift 1“ weiterlesen

Endgames (1)

Schließen wir die Pandemie Kriegstagebücher (1) ab. Nicht weil die Pandemie vorbei wäre, oder die diskursive und gesellschaftliche Entwicklung die sich seit dem März 2020 ereignet hat, nicht weitere Worte wert wäre. Sondern weil es langsam notwendig wird, je länger und entgrenzter der Faschisierungsprozeß Staat und Gesellschaft durchzieht, sich von dem abzuwenden, was nur als Ouvertüre begriffen werden kann, für das was uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bevorsteht. Wenn wir also über den Pandemie Faschismus, der in den staatlichen Maßnahmen und der gesellschaftlichen Reaktion eingeschrieben ist, noch weiter sprechen, dann ab sofort nur noch um sich einen Begriff von den Notwendigkeiten und Bedingungen zukünftiger sozialer Konfliktualität zu verschaffen. Und wenn wir das sagen, reden wir zugleich von dem was es in den Fokus zu nehmen gilt, den radikalen Umschlag in der Qualität der Bestimmung des Kampfterrains durch unsere Todfeinde, die eigentlich mit dem Rücken an der Wand stehen, wobei ihre historischen Gegner, jetzt, wo es endlich so weit ist, zu blind sind, das zu sehen, zu begreifen, während sie sonst bei jeder Krise das nahe Ende des Empires prophezeit haben, zuletzt 2008 und am Beginn der Pandemie erneut. Immer wieder wurde davon gesprochen, dass es “danach” alles anders sei, die Zeit “jetzt reif” sei und ähnliches. Es gibt aber keine Reife der Zeit, keine objektiven Bedingungen. “Bifo” sagte kürzlich: “Der Kapitalismus ist noch an der Macht, er ist  aber bereits tot”. Wahrscheinlich ist dem so. Vielleicht hat auch Agamben Recht, wenn er das Modell der VR China als Gewinner dieser historische Phase sieht und prophezeit: “Sicher ist jedoch, dass das neue Regime den unmenschlichsten Aspekt des Kapitalismus mit dem grausamsten Aspekt des Staatskommunismus verbinden wird, indem es die extreme Entfremdung der Beziehungen zwischen den Menschen mit einer noch nie dagewesenen sozialen Kontrolle kombiniert.” „Endgames (1)“ weiterlesen

Winter des Grauens

Keine letzte Runde, kein bierschaumfeuchter Männerkuss nach Mitternacht. Kein Blick in alte müde Augen, in denen hinter all den nicht geweinten Tränen noch immer so etwas wie Sehnsucht aufblitzt, das Bedürfnis nach etwas, was den Namen Leben verdient, vielleicht sogar noch einmal Liebe. Keine trunken geteilten Schwüre, dass da noch was kommen muss. Keine trotzige Anekdote, keine Zärtlichkeit, die sich so manches Mal in fast hilflosen, kindlichen Gesten ausdrückt. Nicht einmal ein Tresen an dem man sich festhalten kann. Nur die kalte, nackte Stadt, das verordnete Überleben, der Suizid als letzte Handlungsoption der Rebellion.

Wo das Leben scheinbar alles wert ist, verliert es jeden Wert. Jeder fällt für sich ins weiß, schon vor Jahrzehnten aufgeschrieben verleiht der Pandemie Ausnahmezustand der Knastgesellschaft Kontur und Ausdruck, die ganze Stadt ein Hochsicherheitstrakt, überall Gefährder und Gefährdete, die Übergänge sind undefiniert und fließend, jeder kann alles sein, die Massenneurose der Postmoderne gebärt im Panikmodus ihre Massenpsychose und wie in jedem psychotischen Zustand ist die paranoide Seele Argumenten und Relativierungen nicht mehr zugänglich. Alles dreht sich, Schwindel dominiert, es kommen die schlaflosen Nächte, die Abstumpfung, das Primat der sich selbst unterfütternen Statistik. Funktionalität muss gewahrt werden, Tunnelblick, Regression, jemand muss uns retten, wir geben alles dafür. Alles was wir waren oder meinten zu sein. So einfach geht das. „Winter des Grauens“ weiterlesen

Sternenstaub

Die Leute haben ihre Sterne, für jeden sind sie anders. Für manch Reisenden sind die Sterne Führer. Für andere sind sie nichts anderes als kleine Lichter. Und wieder andere, für die Gelehrten, sind sie Probleme. Für meinen Geschäftsmann waren sie Gold. Aber alle diese Sterne schweigen. Du aber, du wirst Sterne haben wie niemand anderes …

Der kleine Prinz – Antoine de Saint-Exupéry

Sich fügen, sich beherrschen, unkenntlich werden, nicht aus klandestiner Absicht, sondern in Verleugnung. Kein Lächeln. Nirgendwo. Wer aber hat all die Menschen gezählt, denen ein unverhofftes Lächeln die Kraft gegeben hat, diesen Tag, nur diesen einen Tag noch weiterzuleben, den Strick beiseite zu legen, die Schlaftabletten in der Toilette herunter zu spülen. Wer zählt die Kinder, die in den Dörfern Afrikas an banalsten Krankheiten sterben, während hier die Virenbeherrschungsmaschine mit Milliarden gefüttert die neurotische Angst zu bannen verspricht. Wer zählt die Toten, die, bevor sie sich zu den Toten gelegt haben, einsam und verlassen in den Betten der Pflegeheime darbten, keine Hand zu halten, kein zärtlicher Finger, der die Tränen aus den Augenwinkeln wischt, keine letzten Worte des Abschieds, keine Versöhnung mit den Altlasten, die ein jeder von uns mit sich selbst herum schleppt. Nicht einmal der Pfarrer fand den Weg. Da war nur diese Kälte, die fast immer zum Schluß da ist und niemand reichte eine zweite Decke, kein warmer Körper, der noch einmal mit all der Liebe zu der nur ein Herz fähig ist, Trost spendete. Nur der Übergang, dieser Ort wo die Farben verschwinden, alles zurücktritt, man nur noch Erinnerung ist. Allein ins weiß geworfen. Verbuddelt wie ein Hund, die Kapelle auf dem Friedhof zugesperrt, keine Klagelieder, keine Reden, keine Würde. Wo es nur noch um das nackte Überleben geht, verliert selbst der Tod seinen Sinn. „Sternenstaub“ weiterlesen

stuttgart zwanzigsiebenundsiebzig – fragmente

grüß ihn von uns. aber verdeckt. und sage ihm noch etwas: die mystifizierung des kollektivs hat zu ihrer voraussetzung die resignation gegenüber der klasse.

christian geissler – kamalatta

über stuttgart gibt es im allgemeinen nicht viel zu berichten. die größte gesellschaftliche aufregung der letzten jahrzehnte waren die pläne zur errichtung eines neuen bahnhofes was zehntausende von braven oder weniger braven schwaben in der stadt, aber auch überall in der diaspora auf die straße trieb und dann in einem finalen showdown im schlosspark endete, wo sich wasserwerfer und kastanien werfende wutbürger eine surreale schlacht lieferten.

nun erscheint es aber, als wenn sich ausgerechnet in diesem talkessel zwei historische linien auf eine ganz merkwürdige art und weise begegnen würden. für eine ganze generation von militanten in europa, ja vielleicht sogar für mehr als nur eine generation, war stuttgart nur in einer doppelnennung bekannt und kenntlich. stuttgart stammheim. der ort an dem den historischen gründern der raf der prozeß gemacht wurde, wo sie eingesperrt und isoliert wurden, wo sie siebenundsiebzig “zu tode kamen”. „stuttgart zwanzigsiebenundsiebzig – fragmente“ weiterlesen

Pandemie Kriegstagebücher – First of May Edition (1.Mai 2020 Berlin)

 „Das Desaster ist ja, dass es wirklich absolut keine Linke gibt….Da ist nur Leere… Da ist nichts, überhaupt nichts mehr.“ 

Nanni Balestrini

Fangen wir damit an, was als einziges überhaupt noch Sinn macht, weil alles jenseits davon, all die verpufften Affekte, all die ohnmächtige Wut, Trauer, all die überbordende Angst sich wie in einer Versuchsanordnung in der völligen Agonie der Isolation und Vereinzelung auflösen, als hätte es sie nicht gegeben. Fangen wir also mit der Hoffnung an, von der es an anderer Stelle heißt, ein Mensch könne einen Monat ohne Essen, eine Woche ohne Trinken, aber keine vier Sekunden ohne sie überleben. Reden wir also von der Hoffnung. 

Reden wir davon, wie sich die trostlosen Straßen Kreuzbergs wieder gefüllt haben, reden wir davon in all die Gesichter zu schauen, in die das Leben zurückgekehrt schien. Reden wir davon, wir wir unser Lächeln wiederfanden, wenn wir alten Genossinnen und Genossen wieder begegneten, reden wir von unserem Zögern, uns wirklich zu umarmen, reden wir von dem Schmerz, den wir verspürten, wenn wir unsere instinktiven Bewegungen aufeinander zu unter Kontrolle brachten und verlegen halbherzig, ja geradezu tollpatschig ungelenke Bewegungen vollzogen. Reden wir von unserer Scham, den Menschen, mit dem wir so viele Gefahren geteilt haben, der uns in vielen Momenten Bruder, Schwester geworden war, nicht von vollem Herzen zu umarmen.  „Pandemie Kriegstagebücher – First of May Edition (1.Mai 2020 Berlin)“ weiterlesen

Birth, School, Work, Covid, Death

Lotzer/ Agamben

Part 1 (Lotzer) 

Been turned around till I’m upside down

Been all at sea until I’ve drowned

And I’ve felt torture, I’ve felt pain

Just like that film with Michael Caine

The Godfathers 

Die Grippe ist gefährlicher, Robert-Koch-Institut relativiert Gefahr durch Coronavirus. (27.01.2020). Niemand hat vor eine Ausgangssperre zu verhängen, es handelt sich um fake news, das Bundesministerium für Gesundheit (14.03.2020). Deutschland plant derzeit keine Maskenpflicht, Bundesgesundheitsminister Spahn (31.03.2020). 

Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!

Es spielt gar keine Rolle mehr, wie dick die Lügen sind, die aufgetischt werden, wie unverhohlen manipuliert wird. Die Massen im Panikmodus, die Linke vorneweg. Tote, Tote, überall Tote. 

“Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden.“ … „Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.“ (Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen – Strategiepapier des Bundesinnenministeriums)

Das Robert Koch Institut stellte heute eine App vor, die den Schlaf in Bezug auf Unruhe und Körpertemperatur messen und direkt an die staatlichen Gesundheitsbehörden übermitteln soll. Es geht kein Aufschrei durch das Land, alle Medien (von wenigen Ausnahme abgesehen, und die heissen nicht taz oder ND) sind in einer Art und Weise gleichgeschaltet, die dieses Land seit der Entführung eines Arbeitgeberpräsidenten und früheren SS Hauptsturmführers nicht mehr erlebt hatte.  „Birth, School, Work, Covid, Death“ weiterlesen

Ein überfälliger Ausbruchsversuch 

Lotzer/ Anonym

Part 1 (Sebastian Lotzer)

Der Wahnsinn hat die Welt in Besitz genommen. Nun könnte man einwenden, dies sei keine Angelegenheit der Postmoderne, vielleicht erlebe man auch nur die Wiederkehr des Lykurgos, der für seine Untaten wahlweise dem Wahn verfiel und seinen eigenen Sohn und all seine Familie, ja seine ganzen Freundeskreis umbrachte, um sich dann selber zu richten, oder, da gehen die Überlieferungen auseinander, anschließend von den empörten Menschen gefangen genommen und dann gevierteilt worden sei. So oder der so, der Wahn greift um sich, greift nach den dir Nächsten, nach denen, an denen noch gestern dein Herz hing oder in die du Hoffnung gesetzt hast. 

Neu und evident an dem Wahn, der nun durch die Welt eilt, ist die Geschwindigkeit, mit der er durch die Welt eilt, dabei alle Grenzen überwindend und dabei das Virus, dass ihn in die Welt gesetzt (oder das ihn wieder an die Oberfläche gebracht hat, die Meinungen gehen da auseinander) überflügelnd. Man könnte, nein muss sagen, dass die wirkliche Pandemie der Wahn ist, der von den Menschen Besitz ergriffen hat. Die dünne Tünche der Zivilisation bricht innerhalb weniger Tage zusammen, Direktive und Narrative, die scheinbar Diktatoren und Despoten vorbehalten waren, machen sich in den sogenannten westlichen Demokratien breit. Selektion von Kranken, Überwachung aller Bewegungen unter freiem Himmel, Drohnen stehen über den großen Städten, Lautsprecherwagen fahren durch die menschenleeren Straßen, fordern die Bewohner auf in den Häusern zu bleiben. Wer sich an die frische Luft wagt, soweit das überhaupt noch gestattet ist, blickt in panische Augenpartien, notdürftig verhüllte Gesichter, alle gehen gebückt und gehetzt. Wer jetzt noch aufrecht steht, dem werden sie das auch noch austreiben. 

An die frische Luft soll der Mensch ja aber auch noch zum Beispiel in Berlin, in die Arbeit natürlich, aber auch um sich ein wenig zu ertüchtigen oder ein paar Runden im Kreis zu drehen. Genau die Privilegien, die einem in den Knast Geworfenen auch noch verbleiben. Und so dreht man zu zweit seine Runden durch den Knasthof und vergeht vor Rührung, wenn der Senat verkündet, er wolle nicht so sein, man könne sich ruhig in Zukunft ein bisschen auf die Banke setzen. Und alles klatscht und applaudiert dem Großmut der Lenker des Staates und wenn der demnächst sagt, alle sollen jetzt mit einer Maske vor dem Gesicht zum Knastgang erscheinen, die wissenschaftlichen Hypothesen über die Wirksamkeit solcher Maßnahmen hätten sich über Nacht um 180 Grad gedreht (man kennt das ja in der Wissenschaft, eben war die Welt noch eine Scheibe und man hat alle geviertelt, die was anders behauptet haben, aber schwups, sieht die Sache ganz anders aus), dann wird da auch gemacht. Punkt. Und wenn der Staat zu blöde ist, genug von diesen Pfennig Artikeln zu beschaffen oder sich die von den Amis wegschnappen lässt, dann wird halt Zuhause gebastelt was das Zeug hält, vorneweg die Linken, die natürlich ganz vorne dabei waren mit ihren DIY Anleitungen. Kommt ja so oder so aufs selbe raus. Ob man die Dinger nun im Hausarrest selber macht oder eben von den Knackis in den echten, alten Knästen produzieren lässt. „Ein überfälliger Ausbruchsversuch “ weiterlesen

Covid 19 – Aufstand oder Barbarei

Lotzer / Wu Ming

Part 1 (Lotzer) 

Nein sie sind nicht einfach Zuhause geblieben. Haben die Hände in den Schoss gelegt und ängstlich in sich hinein gehorcht. Weil sie sich das einfach nicht leisten konnten. Weil ihre Kinder was zu essen brauchen. Also haben sie sich an die gute alte Zeit erinnern, als sie dem Staat und den Fabrikherren, den Gutsherren ganz schön zugesetzt haben. Die wilden Jahren, “als wir alle Kommunisten waren”, wie der Nanni Balestrini geschrieben hat. Also ab in den Supermarkt und den Einkaufswagen vollgepackt und an der Kasse ein Schulterzucken “Bezahlt wird nicht”. Die Proleten aus dem Süden, auf die man immer ein bisschen hochnäsig herunter geschaut hat. Schon damals. 

Am nächsten Tag standen in Palermo Bullenwagen vor den Supermärkten. Aber das ist ja auch keine Lösung, es gibt einfach zuviele Supermärkte. Und wer weiß, was denen noch einfällt, diesen halben Bauern, auch wenn sie schon seit Generationen in den Städten leben. Also hat Conte mal eben fast 5 Milliarden locker gemacht für den Süden, die sollen über die Gemeinden an die prekär Beschäftigten ausgezahlt werden, weil die sind von dem einen zum anderen Tag nur noch prekär und nicht mehr beschäftigt. Wahrscheinlich wäre er nie selber auf die Idee gekommen, wenn ihm seine Geheimdienste nicht gesteckt hätten, sie würden mit schweren Unruhen im Süden rechnen. Und das mit dem proletarisch einkaufen hat denn ja auch gleich auf andere Städte des Südens übergriffen, in Bari und Napoli haben sie das Zeug auch einfach so raus geschleppt. Übrigens ganz ohne linke Agitatoren. 

Während hierzulande die radikale Linke wahlweise in Schockstarre gefallen ist oder sich auf appellative oder symbolische Handlungen reduziert, entfaltet sich im Windschatten der Corona Pandemie ein sozialer Taifun, dessen Auswirkungen die eigentlichen Folgen der Pandemie noch in den Schatten stellen könnten. Während Teile des weltweiten Staatsapparates des Empires Schritt für Schritt den Übergang in einen faschistischen Krisenmodus vollziehen, wobei nicht ausgemacht ist, ob dieser temporärer oder grundsätzlicher Art sein wird, werden innerhalb kürzester Zeit hunderten von Millionen Menschen jegliche Grundlagen entzogen die Mittel zur Existenzsicherung durch eigene Arbeit zu bestreiten.  „Covid 19 – Aufstand oder Barbarei“ weiterlesen

Der aufkommende Pandemie Faschismus – Splitter der Dissonanz

“Liewer düd aß Slaawe”

Pandemie Magie

In jedem Berliner Park eine Wanne. Die Besatzungen beäugen misstrauisch jede Aktivität Derjenigen, die sich in die Frühlingssonne gewagt haben. Drei Fußball spielende Kinder sind ein Grund einzuschreiten. Wir haben schon vor Jahren gelernt, ab Drei ist man eine terroristische Vereinigung. Nun also auch die Kinder. Völlig willkürliche Größenordnungen werden verkündet und durchgesetzt. Wir erinnern uns, noch vor ein paar Wochen versammelten sich Zehntausende in den Fußballstadien, da waren schon Tausende in China an dem Virus gestorben, der jetzt als Begründung für jegliche Absurdität des Pandemie Ausnahmezustandes herhalten muss. Drei Kinder sind eine Gefahr, fünfzig Menschen in einen S Bahn Waggon auf dem Weg zu gesellschaftlich unsinniger Arbeit sind kein Problem.  

Überhaupt, diese Magie der Zahlen, wie von Zauberhand verändern sich fast täglich die Bezugsgrößen. Zuerst wurden alle Versammlungen über 1000 Menschen verboten, dann alle über 100. Und natürlich betraf dies auch alle Demonstrationen. Dabei hätte man sich die Mühe sparen könne, eine in Ohnmacht und Unterwerfung geübte deutsche Linke sagte schon von sich alle Zusammenkünfte, selbst die der harmlosesten Natur ab. Und der kleine Rest, der abweichend davon sich nicht unterwerfen will, dem schickt man dann in Berlin eben die neue Präsenzeinheit in den ‘Nordkiez’ auf den Hals. Aber kommen wir zu der Magie der Zahlen zurück. Kommen wir überhaupt zu der gesamten Magie zurück, die die politische Klasse tagtäglich zu unserer Unterhaltung aus dem Hut zaubert. So als habe sie jahrelang nur für diese Momente der Magie geübt und gelebt. (Spoiler: Sie hat es. Seit Jahrzehnten finden Notstandsübungen unter wechselnden Szenarien statt.) „Der aufkommende Pandemie Faschismus – Splitter der Dissonanz“ weiterlesen