Freiheit und Glück den alten Weggefährten

Laut Medienberichten vom 7. Januar 2025 hat die BAW nun Anklage gegen Peter Krauth und Thomas Walter wegen des gescheiterten Anschlags auf den Neubau eines Abschiebeknastes im Jahr 1995 erhoben. Der nächste Versuch, die beiden Genossen wegen der Aktion des K.O.M.IT.E.E 30 Jahre später doch noch zu belangen, obwohl das eigentliche Delikt schon verjährt wäre. 

Jenseits der juristischen Details zeigt sich hier, ebenso wie bei der Repression gegen die militanten antifaschistischen Zusammenhänge im Zusammenhang mit dem sogenannten Antifa Ost Verfahren und bei der medialen Hetzjagd auf ehemalige Militante der RAF nach der Festnahme von Daniela Klette das Verhältnis des Staates zu allen ernst gemeinten Versuche, hierzulande Ansätze einer antagonistischen Politik zu entwickeln, die sich nicht integrieren lässt. 

Der Staat und seine ausführenden Organe vergessen und vergeben nicht, auch deshalb ist es so wichtig, die eigene Geschichte lebendig zu halten und zu verteidigen und nicht nur eine melancholische Randnotiz von in die Jahre gekommenen Genossinnen und Genossen.  

Deshalb an dieser Stelle ein Kapitel aus „Begrabt mein Herz am Heinrichplatz“ das der Aktion in Berlin Grünau gewidmet ist. Hintergründe zu dem damaligen Ereignissen und der Solidarität mit den verfolgten Genossen, die seit Jahrzehnten in Venezuela im Exil leben findet ihr auf dem Blog ende-aus.net

Dreiundvierzig / April 1995

Ein abgelegener Parkplatz in einem Waldstück am Rande von Berlin. Eine Bullenstreife fährt vorbei, routiniert gelangweilt der Blick vom Beifahrersitz. Etwas macht klick. Der VW Bulli wendet und kommt zurück. Auf dem Parkplatz stehen ein blauer Passat und ein roter Ford Transit, die Ladetüren des Transporters stehen offen. Eine routinierte Meldung über Funk, die beiden Bullen steigen aus. Der Fahrer die rechte Hand am Holster, der Beifahrer in der Linken eine große Stabtaschenlampe.  „Freiheit und Glück den alten Weggefährten“ weiterlesen

Azurblau für Cesare Battisti

Manchmal ist es notwendig, unvermeidlich, sich abzuwenden, fortzugehen, etwas oder jemanden hinter sich zu lassen. Eine Passion, eine Liebe, eine Gelegenheit, ein Leben. Und manchmal ist es unvermeidlich, noch einmal zurückzukehren, weil noch etwas offen, etwas zu sagen ist, oder eine Geste notwendig erscheint. Vor ein paar Wochen beschloss ich, für einige Zeilen aus dem Nebel zurückzukommen, weil ein alter Gefährte aus den Kämpfen der 80iger, Bernd Heidbreder, im Exil in Venezuela verstorben war und es für mich unvermeidlich schien, einige wenige Worte dazu zu sagen. 

Nun also spreche ich erneut aus dem Nebel zu euch, weil mich das Schicksal eines “alten” Mannes bewegt. Cesare Battisti befindet sich seit dem 2. Juni im Hungerstreik, zusätzlich verweigert er seine Medikamente, die er aufgrund der langwierigen Folgen einer Hepatitis B Infektion zu sich nehmen muss. Seit über 28 Monaten befindet er sich defacto in Einzelhaft, als Reaktion auf seinen letzten Hungerstreik im Herbst letzten Jahres hat ihn der italienische Staat in den Knast von Rossano verschleppt, wo er im Hochsicherheitstrakt für ‘islamistische Terroristen’ einsitzt, umgeben von Gefangenen, die ihm nach dem Leben trachten, wiederholt ist er schon vor Jahren von Islamisten mit dem Tode bedroht worden u.a. wegen seines Engagement für den kurdischen Befreiungskampf. Nun also verlässt er seine Zelle praktisch nicht mehr und wenn er sie verlässt, dann darf er ‘Hofgang’ in einem Betonloch machen, das ganze 2 mal 3 Meter misst, die Wände so hoch, dass er den Himmel nur erahnen kann, der noch zu allem Überdruss hinter einem Gitter versteckt.  „Azurblau für Cesare Battisti“ weiterlesen

G20 Hamburg – Fragmentarische Anmerkungen zu Repression, Autonome und Atomisierung

Der Knast ist ein einsamer Ort. Aber auch ein Ort, an dem es möglich ist, neue Verbindungen einzugehen, dem Allzubekannten neue Erfahrungen hinzuzufügen. Verschwörungen aus der Taufe zu heben, sich existentiell ins Verhältnis zum Bestehenden zu setzen. Für manch einen, der anpolitisiert in jungen Jahren Bekanntschaft mit diesem Ort der Reglementierung machte, wohnte in der Folge diesem Ort kein existenzieller Schrecken mehr inne, griff der Abschreckungsgedanke des Systems künftig ins Leere.

In früheren Jahren war es für die jeweilige Generation der Bewegungszyklen ein selbstverständlich einkalkuliertes Risiko eine (im zumindestens überschaubaren zeitlichen Rahmen) gewisse Zeit der Inhaftierung einzukalkulieren. Fast Jeder und Jede hatte irgendwelche Verfahren zu laufen, die Gerichtssäle waren Orten der permanenten Agitation und Versammlung. Kaum ein Prozess, bei dem nicht der Saal (gegen handfesten Widerstand) durch im Gericht stationierten Bereitschaftsbullen geräumt wurde. Jede Stadt hatte ihre Knastgruppe, in den Großstädten gab es davon gleich mindestens ein halbes Dutzend.

Wenn nun dieser Tage in Hamburg des „Jahrestages“ der Aktionen gegen den G20 Gipfel mit diversen Aktionen und Veranstaltungen „gedacht“ wird (1), steht u.a. neben dem obligatorischen „Rave“ auch ein neudeutsch „Cornern“ genannte Herumhängen mit Bier/Mate an. Zum Ausklang dieser Tage wird es dann auch eine Knastkundgebung geben. Was das Zahlenverhältnis der jeweiligen Beteiligungen betrifft, so ist wohl mit großer Sicherheit davon auszugehen, dass der Besuch der Knastkundgebung im Vergleich eher bescheiden ausfallen wird. An den bisherigen allmonatlichen Knastkundgebungen seit #noG20 nahmen im Allgemeinen ein paar Dutzend bis um die hundert Leute teil. Als zu einem internationalen Treffen Freund*innen, Familienangehörige und Gefährt*innen der inhaftierten Internationalisten aus halb Europa anreiste, gelang es einmalig um die dreihundert Leute vor die Knastmauern – bzw. Zäune zu mobilisieren.  „G20 Hamburg – Fragmentarische Anmerkungen zu Repression, Autonome und Atomisierung“ weiterlesen